BPatG: Berliner Reichstagsbrand

Der Verstoss gegen die guten Sitten und / oder die öffentliche Ordnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG) wird derzeit vom Bundespatentgericht offenbar deutlich anders beurteilt als vom Deutschen Patent- und Markenamt. Wie bereits in der Entscheidung zur Wortmarke “Ficken” hob das BPatG jetzt auch im Beschwerdeverfahren um die Marke “Berliner Reichstagsbrand” die Zurückweisung des DPMA auf.

Das Bundespatentgericht jedoch ließ sich davon überzeugen, dass es sich bei der Marke „Reichstagsbrand“ für einen Branntwein um ein provokatives Wortspiel handelt, das von den Verbrauchern erkannt werde. Über den Reichstagsbrand als solchen hinausgehende Kenntnisse der Deutschen Geschichte, die den kausalen oder tempora?ren Bezug des Brandes zum Erlass der Notverordnung, deren Inhalt oder die Urheberschaft der Brandstiftung betreffen, ließen sich dem Gericht zufolge beim angesprochenen Verkehr zumindest nicht als im Moment der Wahrnehmung eines Kennzeichens fu?r „Spirituosen“ abrufbares, pra?sentes Wissen voraussetzen. Eine Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus sah das Gericht auch deshalb als nicht gegeben an, weil sich das NS-Regime nie die Urheberschaft des Reichstagsbrands selbst zugeschrieben ha?tte.

Quelle: Telepolis

Allerdings öffnet das Gericht mit seiner Argumentation auch die Tür für weitere Ablehnungsgründe, die aber offenbar seitens des DPMA nicht angeführt wurden.

Wird „Berliner Reichstagsbrand“ im Zusammenhang mit „Spirituosen“ verwendet, wird der Verkehr mit dem Wort „Brand“ – dem klanglichen Doppelsinne des Wortes entsprechend – zugleich, wenn nicht gar in erster Linie, ein gebranntes alkoholisches Getränk wie Branntwein verbinden und unter Umständen einen Sinnzusammenhang mit dem heute als Sitz des Deutschen Bundestages genutzten Berliner Reichstagsgebäude herstellen.

Und da haben wir dann einen Herkunftshinweis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) und auch eine irreführende Bezeichnung (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG) – solange der Schnaps nicht im Reichstage gebrannt wird.

BPatG: SCORPIONS

33 W (pat) 526/10

Leitsatz:
SCORPIONS

Im Verkehr wird ein Markenzeichen, das dem Namen einer bekannten Musikgruppe entspricht, auf Merchandise-Artikeln der Bekleidungsbranche (auch) als Hinweis auf die Herkunft dieser Ware angesehen.

Dies gilt, selbst wenn das Wortzeichen nur im Brust- oder Rückenbereich von Oberbekleidung, wie z. B. T-Shirts, abgebildet ist und/oder dem erkennbar im Vordergrund stehenden Markenzeichen Hinweise auf Konzertorte und/oder Konzerttermine beigefügt sind.

Quelle: Bundespatentgericht

BPatG: Schokoladenstäbchen

25 W (pat) 8/09

Normen: MarkenG § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1;
§ 83 Abs. 2 Nr.1, Nr. 2;
PVÜ Art. 6 quinquies B Nr. 3

Leitsatz:

Schokoladenstäbchen

1. Es ist für die Entscheidung über die Eintragung einer Marke bzw. – im Falle einer bereits vollzogenen Eintragung – im Löschungsverfahren für die Entscheidung über den Verbleib der Marke im Register fundamentale Voraussetzung und Bestandteil des ordre public im Sinne von Art. 6 quinquies B Nr. 3 PVÜ, dass der Schutzgegenstand eindeutig bestimmt und definiert wird (vgl. EuGH GRUR 2003, 145 [Tz. 46] – Sieckmann; GRUR 2003, 604 [Tz. 28] – Libertel; GRUR 2004, 858 [Tz. 25] – Heidelberger Bauchemie GmbH und GRUR 2004, 54 [Tz. 55 – 63] – Shield Mark/Kist und BGH GRUR 2007, 150 [Tz. 16 – 23] – Tastmarke). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für abstrakte Farbmarken oder visuell nicht wahrnehmbare Marken wie z. B. Hör-, Riech- und Tastmarken, sondern auch für alle anderen, insbesondere auch visuell wahrnehmbaren Markenformen, und demzufolge auch für dreidimensionale Gestaltungen.

2. Die unter dem Gebot der Rechtssicherheit erforderliche eindeutige Definition des Schutzgegenstandes muss die nach § 8 Abs. 1 MarkenG für ein Registerrecht zwingend vorgesehene grafische Darstellung in der Weise verwirklichen, dass sich daraus eindeutig ein (einziges) Zeichen ergibt. Unter diesem Gesichtspunkt fehlt eine fundamentale Voraussetzung für die Schutzgewährung bzw. -belassung, wenn bei einer dreidimensionalen Gestaltung für die Wiedergabe des Zeichens eine Darstellungsform gewählt wird, die eine Deutung in Richtung mehrerer, auch den Schutzumfang in relevanter Weise mitbestimmender Gestaltungsvarianten zulässt.

3. Auch wenn die genaue Identifizierung und Bestimmung des Schutzgegenstandes nicht als eigenständiges Schutzhindernis normiert ist, führt ein entsprechender Mangel regelmäßig zu zwei auch im markenrechtlichen Normensystem enthaltenen absoluten Schutzhindernissen. Soweit die der Anmeldung bzw. Eintragung zugrundeliegende Darstellung den dreidimensionalen Schutzgegenstand nicht eindeutig festlegt, sondern ein ganzes Bündel von Gestaltungs-varianten möglich erscheinen lässt, handelt es sich zum einen nicht mehr um ein Zeichen i.S.d. § 3 Abs. 1 MarkenG, für das allein Schutz gewährt werden kann, sondern um eine Vielzahl von Zeichen. Außerdem ist dieses im Register notwendigerweise darzustellende eine Zeichen dann auch nicht grafisch dargestellt bzw. darstellbar i.S.d. § 8 Abs. 1 MarkenG.

Quelle: Bundespatentgericht

BPatG: Deutsches Institut für Menschenrechte

24 W (pat) 43/10

Normen: § 8 Abs. 2 Nr. 1;
§ 8 Abs. 3 MarkenG

Leitsatz:

Deutsches Institut für Menschenrechte

Der aus beschreibenden Angaben bestehende Name eines Instituts von nationaler Bedeu-tung entbehrt im Allgemeinen von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von einer etwaigen Benutzung, für Waren und Dienstleistungen, welche üblicherweise von einem derartigen In-stitut angeboten werden, jeglicher Unterscheidungskraft (Anschluss an BPatGE 48, 65 – Deutsches Notarinstitut; z. T. Abgrenzung von BPatG GRUR 2010, 342 – German Poker Players Association).

Quelle: Bundespatentgericht