BPat: CLASSE E

28 W (pat) 39/05

L e i t s a t z :

CLASSE E (im Anschluss an BGH GRUR 2001, 242 ff. – ClASSE E)

1. Bösgläubig i. S. v. §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG bzw. i. S. v. §§ 107, 115, 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG i. V. m Art. 5 MM, 6 quinquies PVÜ kann auch handeln, wer die mit der Eintragung einer Marke entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich
unbedenkliche Sperrwirkung von vornherein zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen will. Dabei ist das Bestehen eines schutzwürdigen Besitzstandes nicht in allen Fällen zwingend erforderlich.

2. Von einer missbräuchlichen Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung, die sich registerrechtlich als Bösgläubigkeit im Anmeldezeitpunkt darstellt, ist jedenfalls dann auszugehen, wenn der Markeninhaber eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche
Waren und Dienstleistungen anmeldet, hinsichtlich der in Rede stehenden Marken keinen ernsthaften Benutzungswillen hat (vor allem mangels eigenem Geschäftsbetrieb bzw. einem konkreten Geschäftskonzept zur Benutzung durch Dritte) und die Marken im
Wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen.

Quelle: Bundespatentgericht

Harry Potter Autorin gewinnt Domain

Ganz ohne Zauberkraft hat die englische Schriftstellerin Joanne Rowling vor dem Schiedsgericht der World Intellectual Property WIPO ein Verfahren gewonnen.

Für den Erfolg im Schiedsverfahren um die Domain jkrowling.ir benötigte die Autorin, der weltweit mehr als 330 millionenfach verkauften Harry Potter Bücher, ihre weltweite Bekanntheit und eingetragene Marken für das Kennzeichen J K ROWLING.

Der iranische Domaininhaber gab im Verfahren keine Stellungnahme ab.

Das Schiedsgericht ordnete die Übertragung der Domain an.

(Fall Nr.: DIR2006-0004)
Joanne Rowling v. Hostine.net

Spiel, Satz, Domain

Der argentinische Tennisspieler David Nalbandian hat vor dem Schiedsgericht der World Intellectual Property Organization WIPO die Domain davidnalbandian.com erstritten.

Nalbandian, aktuell die Nummer sieben der Tennisweltrangliste, konnte sich im Verfahren nicht auf eine Registermarke berufen, da sich seine argentinische Marke mit Priorität vom 27. Oktober 2005 noch im Anmeldestadium befindet.

Wie auch anderen bekannten Sportlern wurde Nalbandian vom Schiedsgericht eine sogenannte common law trademark, also eine gewohnheitsrechtliche Benutzungsmarke zuerkannt.

Eine böswillige Registrierung untermauerte der Kläger durch das Registrierungsdatum der Domain, erfolgte diese doch exakt an dem Tag, als Nalbandian durch sein Vorstossen in das Halbfinale in Wimbledon einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde.

Das Schiedsgericht ordnete die Übertragung der Domain an.

(Fall Nr.: D2006-0963)
David Pablo Nalbandian v. Yuri Babayan

BPat: Bildmarken nicht verwechslungsfähig

Unter dem Aktenzeichen 27 W (pat) 290/04 hatte sich das Bundespatentgericht im Beschwerdeverfahren mit der Verwechslungsfähigkeit zweier Bildmarken zu befassen.

Der Eintragung der Bildmarke (Registernummer: 303 46 849)

für Waren der Nizzaklassen 18 und 25 war auf Basis der nachfolgenden als Gemeinschaftsmarke und Internationale Registrierung geschützten Bildmarke (EU Registernummer: 2 403 012)

widersprochen worden.

Die Markenstelle hat die angegriffene Marke mit Beschluss vom 6. Oktober 2004 auf beide Widersprüche hin gelöscht und u. a. dazu ausgeführt, bei der engen Warenähnlichkeit seien die pfeilförmigen Bildmotive verwechselbar.

Gegen diesen Beschluss richtete sich die nunmehr entschiedene Beschwerde.

Der 27. Senat des Bundespatentgerichts gab der Beschwerde statt und führte zur Begründung aus:

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr im Sinn von § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Aufmerksamkeit des Publikums, besteht eine Wechselwirkung. So kann ein höherer Grad in einem der genannten Bereiche einen geringeren Grad in einem anderen Bereich ausgleichen (EuGH GRUR Int. 2000, 899, Nr. 40 – MARCA / ADIDAS; BGH GRUR 2003, 332, 334 – ABSCHLUSSSTÜCK).

Danach ist vorliegend keine Gefahr von Verwechslungen gegeben, auch wenn man davon ausgeht, dass sich jedenfalls teilweise identische Waren gegenüberstehen.

Die Widerspruchsmarken sind nämlich allenfalls durchschnittlich kennzeichnungskräftig.

Quelle: Bundespatentgericht

verdi.eu – Gewerkschaft erstreitet Domain

Die Bundesverwaltung ver.di e.V. hat vor dem Prager Arbitration Center das Schiedsverfahren um die Domain verdi.eu gewonnen.

Die Gewerkschaft hatte in der Sunrise Periode die Registrierung der Domain beantragt und hierfür auf die Wortmarke verdi (Registernummer: 39917689) verwiesen.

Den Antrag hatte EURid abgelehnt.
Daraufhin strengt die Gewerkschaft das nunmehr vom Erfolg gekrönte ADR Verfahren an.

(Fall Nr.: 02225)
ver.di e.V. Bundesverwaltung vs. EURid

BPat: Bildmarke unterscheidungskräftig

Unter dem Aktenzeichen 27 W (pat) 112/05 musste sich das Bundespatentgericht mit der Unterscheidungskraft der nachfolgend wiedergegebenen Bildmarke (Registernummer: 304 59 228) befassen.

Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Anmeldung der für „Taschen, Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ als Bildmarke beanspruchten Kennzeichnung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil die angemeldete Abbildung keine über die typische Gestaltung der beanspruchten Waren hinausreichenden Merkmale aufweise; vielmehr werde der angesprochene Verkehr hierin nur eine Nahtlinie und damit ein typisches Ausstattungsmerkmal von Bekleidungsstücken, Schuhen und Taschen sehen.

Das Bundespatentgericht hob den Beschluss des DPMA auf die Beschwerde der Anmelderin hin auf, weil der angemeldeten zweidimensionalen Darstellung das erforderliche Min-destmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG letztlich nicht abgesprochen werden könne.

Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann die Unterscheidungskraft der vorliegend als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht mit der Begründung verneint werden, bei der darin wiedergegebenen Strichführung handele es sich um die Wiedergabe eines Nahtmusters als Bestandteile der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen.

Soweit damit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass sie unmittelbarer Teil der betreffenden Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen sein könne, diese also entsprechend gestaltete Nähte aufweisen können, kann dies einen Ausschluss der Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung nicht begründen; denn dies würde eine dreidimensionale Verwendung der Anmeldemarke voraussetzen, von der aber bei der hier als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht ausgegangen werden kann.

[…] Da es somit ausgeschlossen ist, dass eine Bildmarke eine dreidimensionale Form annehmen kann, kommt bei ihr als Verwendung bei Waren, die – wie die hier in Rede stehenden – nur in dreidimensionaler Form denkbar sind, nur ihre zweidimensionale Wiedergabe, etwa als aufgedrucktes oder aufgenähtes Bild, in Betracht; demgegenüber ist eine Verwendung als unmittelbarer Teil dieser Waren – bei den vorliegend beanspruchten Kleidungsstücken, Schuhen und Kopfbedeckungen etwa in Form einer Ärmel-, Hosen- oder Schuhnaht – von vorn-herein nicht möglich, weil eine Naht als Bestandteil dieser (dreidimensionalen) Waren nur in einer dreidimensionalen Form herstellbar ist. Zwar ist es durchaus denkbar, dass die angemeldeten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbede-ckungen Nähte aufweisen, welche eine Gestaltung – insbesondere eine Linienführung – aufweisen, die der in der angemeldeten Bildmarke wiedergegebenen Form entspricht. Da eine Bildmarke aber wie vorliegend ausgeführt keine dreidimensio-nale Form haben kann, würde es sich bei einer solchen Nahtführung nicht mehr um die Wiedergabe der hier zu beurteilenden Bildmarke, sondern um eine Verwendungsweise handeln, welche von dieser erheblich abweicht; damit würde eine solche Ausstattung der beanspruchten Waren – soweit die angesprochenen Ver-kehrskreise hierin überhaupt eine kennzeichenmäßige Verwendung sehen soll-ten – den kennzeichnenden Charakter der angemeldeten Bildmarke erheblich i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG verändern, so dass eine solche (kennzeichenmäßige) Verwendung vom Verkehr nicht mehr als mit der zu beurteilenden Bildmarke identisch angesehen werden würde; denn bei einer solchen Verwendung erhielten die auf der zweidimensionalen Wiedergabe in Projektion erkennbaren Rundungen, die sich bei ihrer „Auflösung“ in drei Dimensionen erkennbar verändern, ein hiervon deutlich abweichendes Erscheinungsbild.

[…] Der Gesamteindruck der angemeldeten Darstellung beschränkt sich aber nicht auf diese einfache und übliche Gestaltung einer typischen Kleidungsnaht. Denn dabei bliebe unbeachtet, dass die Linienführung, auch wenn sie für sich selbst betrachtet einfach erscheint, sich zu einem Bild zusammenfügt, das sehr stark an die Wiedergabe der Ziffer „7“ erinnert. Diese Anlehnung an die Wiedergabe einer Zahl vermittelt aber dem Gesamtbild einen über die bloße Nahtführung hinausgehenden Gesamteindruck, der den Verkehr von dem Gedanken wegführt, in ihr die bloße bildliche Wiedergabe eines Ziermusters oder einer Ziernaht und damit eine rein beschreibende Darstellung von Teilen der beanspruchten Waren zu erkennen. Gerade infolge dieses „überschießenden“ Gesamteindrucks wird es für den Verkehr daher nahe liegen, in ihr nicht nur ein übliches Gestaltungsmerkmal, sondern vielmehr einen Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen zu sehen.

Quelle: Bundespatentgericht