Markenrechtliche Irrtümer: Die Leitklasse

von RA Karsten Prehm

Ein häufiger Irrtum betrifft die Wahl der Leitklasse bei der Markenanmeldung. Anmelder meinen als Leitklasse müsse die wichtigste Klasse der Markenanmeldung angegeben werden. Das ist nicht nur falsch, sondern kann auch den Fortgang der Anmeldung negativ beeinflussen, denn die richtige Wahl der Leitklasse ist ein wichtiges Steuerungselement für den Markenanmelder.

Bei der Anmeldung einer Marke ist aus dem Klassenverzeichnis eine sogenannte Leitklasse anzugeben. Diese Klasse bestimmt, welche Abteilung im DPMA die Prüfung der Markenanmeldung zugeschrieben wird. Die Wahl der Leitklasse hat zwar keine materielle Auswirkung auf die Eintragbarkeit Ihrer Marke (es muss nicht die wichtigste Klasse angegeben werden), jedoch eine erhebliche Beeinflussung der Eintragungsgeschwindigkeit.
Hierzu muss man wissen, dass bestimmte Klassen sehr gängig sind und die Anmelder oft aus Unwissenheit immer Ihre wichtigste Klasse als Leitklasse wählen und die entsprechende Markenabteilung hierdurch sehr belastet ist. Es kann also ratsam sein, eine Leitklasse zu wählen, die nicht so überlaufen ist. Die Klassenwahl ist unbedingt auch ein Mittel, um bekannt restriktiven oder arbeitsüberlasteten Prüfern aus dem Weg zu gehen.
Letztlich muss man wissen, dass das DPMA im Rahmen der Wiedervereinigung in zwei Teile geteilt wurde, nämlich München und Jena. Leider beträgt die Bearbeitungsdauer bei Markenanmeldungen in Jena in der Regel mindestens die doppelte Zeit wie in München. Deshalb sollte man tunlichst die Leitklassen kennen, die nach Jena gelangen und hierum einen großen Bogen machen.

Kommentar zu Entscheidungen des BGH in Sachen Google-Adwords-Werbung

Werbung mit fremden Unternehmenskennzeichen jetzt erlaubt?

Von RA Karsten Prehm

In den drei zur Entscheidung anstehenden Fällen hat sich der BGH zum interessanten Fall (AZ: I ZR 125/07 bananabay) der grundsätzlichen Möglichkeit einer Markenrechtsverletzung durch Google-Adwords-Werbung erwartungsgemäß nicht geäußert, sondern die Sache dem EuGH vorgelegt. Demnach ist die Rechtsunsicherheit auf viele Monate (vielleicht sogar Jahre) nicht behoben.

Im Lichte der jüngsten Google-Adwords-Entscheidungen des OLG Braunschweig muss man weiterhin dazu tendieren, eine Google-Adwords-Werbung auf keinen Fall mit fremden Markenzeichen zu schmücken und auch nicht die Google-Standard-Option „weitgehend passend“ bei der Einrichtung einer Google-Adwordskampagne einzustellen. Alles andere könnte weiterhin teuer werden.

In seiner ersten Entscheidung zu Google-Adwords hat der BGH für Verwirrung gesorgt. Im Verfahren (AZ: ZR 30/07 Beta Layout) liest sich das Urteil des BGH so, dass zukünftig rechtlich gesichert, Firmen in ihren Google-Adwords-Kampagnen auch den Firmennamen ihrer Konkurrenten einstellen dürfen. Der BGH verfolgt dabei scheinbar die Rechtsauffassung des OLG Düsseldorf, die im krassen Gegensatz zur Rechtsauffassung insbesondere des OLG Braunschweig steht. Damit dürften auch branchengleiche Firmen untereinander den Namen des direkten Konkurrenten in Ihrer Adwordswerbung benutzen, was tatsächlich ein Weglocken der vermeintlichen Besucher auf andere Webseite nach sich ziehen könnte.

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies am 22.01.2009 die Klage der Firma Beta-Layout GmbH ab, die gegen die Verwendung ihres Firmenzeichens “Beta Layout” in Google-Adwords-Werbung ihrer Konkurrenten vorging. In diesem Fall ging es darum, dass ein anderer Wettbewerber bei Google als Adword die Bezeichnung “Beta Layout” angemeldet hatte. Demnach erschien immer dann, wenn ein Internetnutzer bei Google als Suchwort “Beta Layout” eingab, neben der üblichen Suchergebnisliste (organisches Ranking) ein Werbeblock mit einer Anzeige für die Produkte des Wettbewerbers. In diesem Fall hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Berufungsgerichts bestätigt, das eine Verletzung der Unternehmensbezeichnung und einen entsprechenden Unterlassungsanspruch mit der Begründung verneint hatte, es fehle an der für die Verletzung der Unternehmensbezeichnung erforderlichen Verwechslungsgefahr. Der Internetnutzer nehme nicht an, dass die in dem gesonderten Anzeigenblock neben der Trefferliste erscheinende Anzeige von der Beta Layout GmbH stamme.

Sofern die Instanzenrechtsprechung unter Bezug auf dieses Urteil ergeben sollte, dass man das Urteil nur so verstehen kann, dass Adwordswerbung mit fremden Unternehmenskennzeichen zukünftig erlaubt sein soll, wird bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) über die Frage, ob auch eine Werbung mit fremden Marken in Adwords-Kampagnen erlaubt oder verboten ist (der BGH hat zeitgleich ein anderes Verfahren bzgl. dieser Frage dem EuGH vorgelegt), nur die eingetragene Marke eine sinnvolle Verteidigungsstrategie sein.

Jede Firma, die ihren Firmennamen noch nicht als Marke geschützt hat, sollte dies jetzt schleunigst in Angriff nehmen.

Markenrechtliche Irrtümer: Nizzaklassen

von RA Karsten Prehm

Einem häufig tradierten und leider recht gefährlichen Irrtum begegnet man immer wieder bei der Einschätzung der Bedeutung von Nizzaklassen. Die Relevanz der Nizzaklasse für die Feststellung von Verwechslungsfähigkeiten zwischen zwei Marken wird von Laien regelmäßig überschätzt. Der Laie neigt dazu, nur diejenigen Marken zu beachten, die in der identischen Waren- oder Dienstleistungsklasse registriert sind.

Tatsächlich aber dienen die insgesamt 45 Waren und Dienstleistungsklassen vielmehr der exakten Fixierung der anfallenden amtlichen Anmeldegebühren. Bei der Markenanmeldung erhebt das deutsche Patent und Markenamt eine Grundgebühr von 300 € (290 € bei elektronischer Anmeldung). In dieser Gebühr ist die Anmeldung für bis zu drei Klassen enthalten. Jede weitere Klasse wird mit zusätzlichen Gebühren von 100 € berechnet.

Für die Beurteilung der Verwechslungsfähigkeit zweier Marken ist wesentlich relevanter, ob die in der Klasse beanspruchten Waren oder Dienstleistungen identisch oder ähnlich sind. So ist beispielsweise die Ware Software (Klasse 09) hochgradig verwechslungsfähig mit der Dienstleistung eines Softwareprogrammierers (Klasse 42), jedoch nicht ähnlich zur ebenfalls in Klasse 09 geführten Taucherbrille.

Viele Klassen enthalten ein buntes Spektrum verschiedener Waren oder Dienstleistungen. So enthält die Klasse 09 auch elektronische Bauteile, Sonnenbrillen und Feuerlöscher. Die Klasse 44 enthält neben medizinischen Dienstleistungen ebenfalls die Rasenpflege. Für die Wechselwirkung mit anderen Klassen kommen dann jeweils völlig andere Klassen in Betracht.

Für die qualifizierte Beurteilung von Verwechslungsfähigkeit und Konfliktpotenzial sollte man also sowohl die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Waren und Dienstleistungen, als auch zwischen den unterschiedlichen Nizzaklassen kennen. Diese Kenntnis ist selbstverständlich auch für die richtige Klassenauswahl bei der Durchführung einer Markenrecherche notwendig. Für den Laien birgt dies oft unüberschaubare Risiken bei der Anmeldung seiner Marke.

Ortsname + Gattungsbegriff doch nicht wettbewerbswidrig

von RA Karsten Prehm

Am 18.03.2003 (Az. 4 U 14/03) stellt das OLG Hamm mit seinem Urteil in Sachen „tauchschule-dortmund.de“ die Welt der Unternehmskennzeichen und damit verbundener Domains selbstherrlich auf den Kopf, als es in der Nutzung eines Gattungsbegriffs + Ortsname -insbesondere als Internetdomain – eine wettbewerbswidrige Spitzenstellungswerbung erkennen wollte.

Bereits damals berichteten wir über diese hanebüchene Entscheidung und die damit für die Zukunft entstehende Rechtsunsicherheit.
Wie es nicht anders zu erwarten war, folgte auf diese Entscheidung eine enorme Abmahnwelle, da plötzliche Unternehmensnamen, ihre Domainwahl und/oder ihre Link-Farmen als wettbewerbswidrig beurteilt wurden.
5 Jahre später korrigiert der 4. Senat im zweiten Anlauf nunmehr in Sachen „anwaltskanzlei-ortsname.de“ seine damalige Rechtsauffassung.
Ausdrücklich distanziert sich der Senat im letzten Satz seines Urteils dabei von seiner bisherigen Rechtssprechung und sieht in einer derartigen Kennzeichen- und Internetdomainwahl per se keine Spitzenstellungsbehauptung mehr.

Unser Fazit: Warum nicht gleich so? Den Schaden trägt mal wieder die Volkswirtschaft.

Löschungsansprüche bei Domaingrabbing

von RA Philipp Dorowski, Prehm & Klare RAe

Das LG Hamburg hat sich in seiner Entscheidung 312 O 64/08 zu Löschungsansprüchen bei Domaingrabbing geäußert.

In dem Fall hatte der Beklagte Domains auf seinen Namen registriert, die aus dem Unternehmenskennzeichen des Klägers und den TLDs .info, .biz, .net, .org, .eu, .mobi sowie .nl und .es zusammengesetzt waren. Der Kläger begehrte Löschung aller Domains.

Da jedoch keine der o.g. Domains mit Inhalten verknüpft war, fehlte es an einer markenrechtlich relevanten Benutzungshandlung, so dass die Kammer Ansprüche aus § 15 Abs. 4 MarkenG ablehnte. Das auf Löschung gerichtete Verlangen des Klägers für die typischerweise auch in Deutschland abgerufenen generischen Domains (einschließlich .eu) sei aber nach § 4 Nr. 10 UWG begründet. Hinsichtlich dieser Domains liege ein Fall des Domain-Grabbings vor.

Von Domain-Grabbing spreche man nach, wenn bereits der Domain-Erwerb allein darauf gerichtet ist, sich diese vom Kennzeicheninhaber abkaufen oder lizenzieren zu lassen und der Erwerber sich damit ohne eigenes Interesse an der Domain an Dritten, die wirtschaftlich auf deren Nutzung angewiesen sind, bereichern will. Diese Auffassung entspricht auch der Rechtsprechung des HansOLG. Ein eigenes Interesse an den generischen Domains konnte der Beklagte vorliegend nicht geltend machen. Eine wettbewerbswidrige Behinderung des Klägers war die Folge.

Anders sehe es jedoch bei den nationalen .nl und .es Domains aus. Wegen des Auslandsbezuges der Domains sei ein Interesse des Klägers an der Nutzung dieser Domains nicht offensichtlich. Er hätte vortragen müssen, welches Interesse er an der Nutzung dieser Domains habe, ob er also auch auf den ausländischen Märkten tätig ist bzw. sein will.

Im gleichgelagerten Fällen hat der Rechtsinhaber bei der Verteidigung seiner Rechte somit Acht zu geben, dass ein Löschungsanspruch nicht pauschal für alle TLDs besteht. Es ist zu differenzieren, ob die Domains typischerweise auch in Deutschland abgerufen werden. Dies hat die Kammer in diesem Fall für die generischen TLDs .info, .biz, .net, .org, .eu und .mobi bejaht. Bei nationalen ausländischen Domains müsse der Rechtsinhaber hingegen sein Interesse an der Nutzung der Domains geltend machen.

Das Urteil im Volltext finden Sie hier.

Amtsrecherche – ein Irrtum

oder was tut das Amt eigentlich für seine Gebühren?

von RA Karsten Prehm

Das ist wohl die häufigste Frage, die einem Markenanwalt im Vorfeld der Markenanmeldung vom Mandanten gestellt wird. Dass für mindestens 290 € amtliche Anmeldegebühr seitens des Deutschen Patent- und Markenamts keine Recherche nach älteren Rechten durchgeführt wird sorgt regelmäßig für Verwunderung.

Oftmals ist den Anmeldern die Praxis der örtlichen Industrie- und Handelskammern bekannt, die zum Beispiel bei Neueintragung eines Unternehmens den gewünschten Unternehmensnamen auf mögliche Namenskonflikte mit bereits registrierten Unternehmen überprüft.

Im Rahmen der Markenanmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt findet eine solche Prüfung auf prioritäre Kennzeichen nicht statt. Das Amt prüft lediglich die so genannten absoluten Schutzhindernisse, vereinfacht formuliert die Markenfähigkeiten des angemeldeten Kennzeichens.

Die Überwachung der eigenen Schutzrechte obliegt daher jedem Markeninhaber selbst. Das bedeutet der Markeninhaber sollte regelmäßig überwachen, ob neuangemeldete Marken sein Schutzrecht verletzen. Ebenso sollte der Anmelder seine gewünschte Marke im Vorfeld der Markenanmeldung auf bestehende identische und auch verwechslungsfähige, also klanglich, schriftbildlich oder assoziativ ähnliche Marken- oder Firmennamen in seiner Branche überprüfen. Bei der Anmeldung einer Wort-/Bildmarke oder einer reinen Bildmarken ist auch eine entsprechende Bildmarkenrecherchen nach verwechslungsfähigen Darstellungen empfehlenswert.