BPat: Tchibo vs. Tschipolino

In der Beschwerdesache 28 W (pat) 293/04 hatte sich der 28. Senat des Bundespatentgerichtes mit der Verwechslungsfähigkeit der Marken Tschipolino (Registernummer: 301 29 395) und Tchibo (Registernummer: 1 089 269) zu befassen.

Die nachfolgende Wort-/Bildmarke Tschipolino war für die Waren und Dienstleistungen Fertiggerichte, im Wesentlichen bestehend aus Fleisch, Speiseeis; feine Backwaren und Konditorwaren und Verpflegung von Gästen in den Nizzaklassen 29, 30 und 42 angemeldet worden.

Den auf Basis der nachfolgenden, prioritätsälteren Wort-/Bildmarke Tchibo eingelegten Widerspruch gegen die Waren und Dienstleistungen der Klassen 30 und 42 hatte die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Die Widersprechende hat Erinnerung eingelegt und darauf hingewiesen, das es sich bei „Tchibo“ um eine amtsbekannt berühmte Marke handle, ihr Schutzumfang sei deshalb erheblich erweitert. Mit Erinnerungsbeschluss vom 15. Juli 2004 hat die Markenstelle eine erhöhte Bekanntheit als richtig unterstellt, gleichwohl aber eine Verwechslungs-gefahr in jeglicher Hinsicht verneint.
[…]Diesen Beschluss hat die Markenstelle mit einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung versehen, worauf die Widersprechende erneut Erinnerung eingelegt hat. Am 20. September 2004 hat die Markenstelle sodann einen zweiten, gleich lautenden Erinnerungsbeschluss erlassen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die beim Bundespatentgericht eingelegte Beschwerde.

Der Senat entschied:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Be-schlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts – Markenstelle für Klasse 29 – vom 30. September 2003, vom 15. Juli 2004 und vom 20. September 2004 aufgehoben, soweit der Widerspruch bezüglich der Waren der Klasse 30 und bezüglich der Dienstleis-tungen der Klasse 42 zurückgewiesen worden ist.

Insoweit wird die Löschung der angegriffenen Marke 301 29 395 angeordnet.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

Angesichts die hier vorliegenden – nach der Registerlage bestehenden – Waren-identität bzw. erheblichen Nähe zu den Dienstleistungen müsste der Abstand der Marken auch bei nur durchschnittlicher Kennzeichnungskraft erkennbar und deut-lich sein. Hier handelt es sich bei der Widerspruchsmarke um eine überaus bekannte Marke, wobei sich diese Bekanntheit in erster Linie auf die Waren Kaffee und Tee und auf das Handelsunternehmen mit einem wechselnden Angebot von Gebrauchsgütern bezieht. In der Regel wird der erweiterte Schutzumfang einer Marke auf die Waren beschränkt, für die eine solche Bekanntheit belegt ist. Im Einzelfall jedoch wird .eine Ausstrahlung dieser Bekanntheit auf andere, eng verwandte Warenbereiche bejaht, insbesondere dann, wenn der Grad der Erhöhung des Schutzumfanges eine solche Ausstrahlungswirkung zulässt (vgl. Ströbele/ Hacker, MarkenG, 7. Aufl. § 9 Rdz. 308 m. w. N.). Einer Marke, die eine Bekannt-heit von über 93 % (nach www.wikipedia.de sogar 99 %) genießt, steht wohl unstreitig ein Schutzumfang zu, der im oberen Bereich des erweiterten Schutzumfanges angesiedelt werden kann, für eine Ausstrahlung dieses Schutzumfanges auf eng benachbarte Waren bleibt somit noch ausreichend Raum. Die hier maßgeblichen Waren der Klasse 30, nämlich „Speiseeis, Back- und Konditorwaren, jeweils bestimmt zum Verzehr in Gaststätten oder artverwandten Betrieben“ sind unmittelbar benachbart zu Kaffee und Tee und betreffen darüber hinaus den traditionellen Geschäftsbereich der Widersprechenden, nämlich die Verköstigung von Gästen mit Kaffee, zusammen mit Snacks. Die Widersprechende kann für diese Waren also ebenfalls einen über den Durchschnitt liegenden Schutzumfang in Anspruch nehmen.

Eine Neutralisation der Verwechslungsgefahr durch die Tatsache, dass die Marke Tschipolino klanglich das italienische Wort für Zwiebelchen wiedergibt, wurde vom BPat als unzutreffend erachtet.

Quelle: Bundespatentgericht

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