Negativpreis “Plagiarius” rückt dreiste Fälschungen ins öffentliche Bewusstsein
Produkt- und Markenpiraterie ist ein lukratives Milliardengeschäft für skrupellose Nachahmer. Den Preis dafür zahlen innovative Firmen, leichtgläubige Schnäppchenjäger und Arbeiter in illegalen Fabriken. Globalisierung und das Internet begünstigen den weltweiten Vertrieb von Plagiaten und Fälschungen – die Verfolgung unseriöser (Online)-Anbieter hingegen ist sehr schwierig.
“Plagiarius-Verleihung 2014” – Diebstahl Geistigen Eigentums ist kein Kavaliersdelikt
Der Negativpreis “Plagiarius” wurde am 7. Februar 2014 auf der Frankfurter Konsumgütermesse “Ambiente” im Rahmen einer internationalen Pressekonferenz zum 38. Mal verliehen. Bereits seit 1977 vergibt die Aktion Plagiarius e.V. die gefürchtete Negativ-Auszeichnung an Hersteller und Händler besonders dreister Nachahmungen. Ziel des Vereins ist es, die unlauteren Geschäftspraktiken sowohl von Markenfälschern als auch von Plagiatoren, die geistiges Eigentum Anderer klauen und als eigene kreative Leistung ausgeben, ins öffentliche Licht zu rücken. Darüber hinaus sollen Industrie, Politik und auch die Verbraucher für die Problematik sensibilisiert werden. Trophäe ist ein schwarzer Zwerg mit goldener Nase – als Symbol für die exorbitanten Profite, die die Produktpiraten sprichwörtlich auf Kosten kreativer Designer und innovativer Unternehmen erwirtschaften.
Im Rahmen der Verleihung stellte der Verein klar, “dass die Auszeichnung mit dem ‚Plagiarius’ nichts darüber aussagt, ob die jeweilige Nachahmung im juristischen Sinne erlaubt ist oder nicht. Die Aktion Plagiarius kann und darf kein Recht sprechen. Wir können aber auf Unrecht und die Probleme betroffener Unternehmen aufmerksam machen”.
Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze durch Nachahmungen gefährdet
Produkt- und Markenpiraterie und die oftmals vorausgehende Wirtschaftsspionage haben sich zu einer der gravierendsten Formen von Wirtschaftskriminalität entwickelt. Allein 2012 haben die EU-Zollbehörden knapp 40 Millionen rechtsverletzende Produkte im Wert von 1 Milliarde Euro an den EU-Außengrenzen beschlagnahmt. Rund 72% der festgehaltenen Waren kamen aus China und Hongkong. Zu den Top Ten der Herkunftsländer gehören auch die Vereinigten Arabischen Emirate (8,37%) sowie die Türkei und zahlreiche osteuropäische Länder. Fakt ist, dass die Industrieländer selbst oftmals die Auftraggeber oder aber Importeure von Nachahmungen sind und ebenfalls vom Handel mit Plagiaten profitieren. Betroffene Designer und KMUs melden der Aktion Plagiarius zunehmend auch von Problemen mit Nachahmern aus dem eigenen Land. Sogar einzelne Markenhersteller – bisher Opfer von Plagiaten – werden hin und wieder selbst zum Täter. Das Bewusstsein für Geistiges Eigentum endet manchmal an den Grenzen des Firmengeländes. Vorsätzliche Nachahmungen jeder Art stellen aber eine ernsthafte Bedrohung für innovative Unternehmen dar und gefährden insbesondere im Mittelstand Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze. Betroffen sind inzwischen fast alle Branchen: Von Konsumgütern und Kinderspielzeug über Medikamente, Kosmetika und Lebensmittel bis hin zu Werkzeugen, Automobilzubehör sowie Maschinen und Geräten.
Im Originalprodukt stecken Kreativität, Know-how und Herzblut
Markenprodukte überzeugen nicht nur auf den ersten Blick, sie halten auch langfristig ihr Qualitätsversprechen. Leistung und Sicherheit haben aber ihren Preis: Denn von einer ersten guten Idee bis hin zum marktfähigen Endprodukt ist es ein langwieriger und kostenintensiver Prozess. Bei jeder Produktentwicklung geht der Hersteller finanziell in Vorleistung. Um auch zukünftig Fortschritt und Arbeitsplätze sichern zu können, muss sich sein unternehmerisches Risiko lohnen. Für eine bestmögliche Abwehr von Produkt- und Markenpiraterie sollte sich der Unternehmer deshalb juristisch, organisatorisch und technisch gegen den Diebstahl seiner Daten und seines Know-hows absichern.
Viele Parteien mitverantwortlich für Zunahme von Produkt- und Markenpiraterie
Noch in den 90er Jahren hat Produkt- und Markenpiraterie nach dem “schwarz-/weiß”-Prinzip funktioniert. Markenprodukte waren qualitativ hochwertig – Fälschungen hingegen konnte man bereits von weitem anhand der mangelhaften Qualität einwandfrei als solche identifizieren. Was aber einst als laienhafte Kopierversuche in Hinterhof-Werkstätten begann, ist längst eine professionelle Industrie mit globalem Netzwerk aus Herstellung, Logistik und Vertrieb geworden. Und zwischen schwarz und weiß haben sich vielfältige Grauschattierungen entwickelt – mit vielen Beteiligten:
Bandbreite der Fälschungen – Von Billigkopie bis hochwertigem Nachbau
Heutzutage gibt es Plagiate und Fälschungen in allen Preis- und Qualitätsabstufungen: Von gefährlichen Billigimitaten bis hin zu qualitativ einwandfreien Produkten, die nur im Labor als Fälschung entlarvt werden können. Bei Billigkopien setzen die Fälscher auf schnelle Gewinnmaximierung und kopieren plump ein erfolgreich am Markt etabliertes Produkt. Oftmals verwenden sie minderwertige Materialien, verzichten auf Qualitäts- und Sicherheitskontrollen, produzieren unter menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und setzen billigend die Gesundheit der Fabrikarbeiter sowie der Verbraucher aufs Spiel. Im Fall hochwertiger Nachahmungen haben die Plagiatoren über Jahre Know-how aufgebaut und Erfahrungen gesammelt und sind nun in der Lage Qualitätsprodukte herzustellen. Würde dieses Potential zukünftig in eigenes Design und eigene technische Lösungen investiert werden, so könnte fairer, legaler Wettbewerb entstehen, der die Märkte positiv beleben würde.
Große Nachfrage auch im B2B-Bereich
Da Markenhersteller und der Handel im Rahmen der Globalisierung zunehmend unter Kostendruck stehen, suchen sie u.a. auch im Einkauf nach Einsparungspotentialen. Da sind die verlockenden Angebote manch internationaler Großhändler – die zweigleisig fahren und sowohl Markenprodukte, als auch Nachahmungen anbieten – sehr willkommen. Ein vermeintlich günstiges Angebot kann am Ende aber zu einem teuren Unterfangen werden. Insbesondere bei technischen oder elektronischen Produkten sind höchste Qualität, Präzision und Sicherheit unerlässlich. Werden billige Alternativprodukte mit mangelnder Funktionalität und Leistungsdefiziten eingesetzt, so können Produktionsabläufe gestört und Ergebnisse verfälscht werden. Das zieht hohe Kosten u.a. für Produkthaftung, Rückrufaktionen etc. nach sich.
Verbraucher auf Schnäppchenjagd nach Statussymbolen
Statussymbole sind in der heutigen Gesellschaft für viele Menschen wichtig – ob echt oder falsch scheint dabei keine Rolle zu spielen. Dementsprechend sind viele Konsumenten Marken- und Schnäppchenjäger zugleich. Und selbst Verbraucher, die vermeintlich Wert auf hochwertige Markenprodukte legen, können teils der Versuchung einer gefälschten Markenuhr oder -tasche nicht widerstehen. Verbraucher dürfen sich aber nicht blauäugig der Illusion hingeben, Ziel der Fälscher sei es, ihnen mehr Vielfalt oder günstige Alternativen zu bieten. Die Nachahmer handeln rücksichtslos und rein profitorientiert. Da Märkte den Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage unterliegen, trägt jeder Konsument eine erhebliche Mitverantwortung – d.h. wer bewusst Fälschungen kauft, unterstützt auch Kinderarbeit und kriminelle Machenschaften.
Das Internet – (k)ein rechtsfreier Raum ?
Unseriöse Anbieter nutzen zunehmend das Internet. Teils täuschen sie leichtgläubige Konsumenten mit vermeintlichen Marken-Websites und Originalproduktfotos, teils verstecken sie sich in der Anonymität einschlägiger Online-Verkaufsplattformen, die für Fälschungen bekannt sind. Für die Markenhersteller ist es extrem schwierig gegen solche Fälschungen vorzugehen. Zwar besteht auf vielen Plattformen die Möglichkeit, rechtswidrige Angebote zu melden und Antrag auf Löschung sowie auf Herausgabe der Kontaktdaten des Anbieters zu stellen – oftmals aber ohne jedwede Reaktion. Hersteller bzw. Händler der Fälschungen sind schwer zu ermitteln, eine Rechtsverfolgung entsprechend aussichtslos. Auch für geprellte Online-Käufer ist eine Rückabwicklung meist schwierig. Umso ärgerlicher ist es, wenn man auf einer gefälschten Marken-Website viel Geld für ein unechtes Produkt ausgegeben hat. Verbraucher sollten Online-Angebote immer sorgfältig und kritisch prüfen. Ein Blick ins Impressum sowie auf die Website des Markenherstellers hilft meist weiter.
Verbraucher fürs Original-Markenprodukt begeistern
Angesichts der Tatsache, dass nicht nur Fälschungen, sondern vielfach auch (Teile der) Markenprodukte in Niedriglohnländern hergestellt werden, sind die Verbraucher irritiert über die großen Preisunterschiede. Original und Fälschung sind auf den ersten Blick täuschend ähnlich. Die Herausforderung für Markenhersteller besteht folglich darin, Qualitätsunterschiede und den Mehrwert des Originals erkennbar zu machen und klarer zu kommunizieren.
Die Verleihung des “Plagiarius 2014” fand statt während der
Frankfurter Konsumgütermesse “Ambiente”
im Congress Center der Messe Frankfurt, Raum “Illusion 1-3”
am Freitag, 07. Februar 2014, 12:30 Uhr.
Die ‚Laudatio’ auf die Preisträger hielt Doris Möller, Leiterin des Referats für Geistiges Eigentum beim DIHK e.V. – Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Berlin.
Die Plagiarius-Preisträger 2013 und 2014 werden im Rahmen der Sonderschau “Plagiarius” vom 07. – 11. Februar 2014 im Foyer 5.1 / 6.1 ausgestellt. Nach der Ambiente werden die aktuellen Preisträger im Museum Plagiarius in Solingen präsentiert.
Praxisnahe Sensibilisierung im Museum Plagiarius in Solingen
Das Museum Plagiarius präsentiert die Sammlung der Plagiarius-Preisträger von 1977 bis heute. Die Ausstellung umfasst mehr als 350 Produkte der unterschiedlichsten Branchen und zeigt jeweils Original und Plagiat im direkten Vergleich. Die vielen Praxis-Beispiele verdeutlichen anschaulich Ausmaß, Schäden und Gefahren von Plagiaten und tragen maßgeblich zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit bei. Ergänzt wird die Sammlung durch vom Zoll beschlagnahmte Fälschungen.
Quelle: Pressemitteilung der Aktion Plagiarius e.V.