lastminute.eu – ADR Verfahren zur bösgläubigen Markenregistrierung

Im Vorfeld der Einführung der Top-Level-Domain .EU waren vermehrt Marken aufgefallen, die allgemeinsprachliche Begriffe für zum Teil obskure Waren beanspruchten. Diese Marken wurden von den zuständigen Ämtern auch häufig eingetragen und dienten offenbar lediglich der Teilnahme an der, den Markeninhabern vorbehaltenen Sunrise Periode 1.
Im Zusammenhang mit den Sunrise Perioden setzte sich der Begriff “Pseudo”-Marken durch.
Häufig wurde bei Bekanntwerden dieser Marken die Auffassung geäussert, die Marken seinen bösgläubig angemeldet worden und daher löschungsreif. (Vgl. z.B. Handelsblatt vom 23.02.2006)

Einen solchen Fall von “Pseudo”-Marke hatte der tschechische Arbitration Court im Rahmen eines ADR Verfahrens um die Domain lastminute.eu zu verhandeln. Die Beschwerde war von der LTUR Tourismus AG eingereicht worden.

Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, die am 18.10.2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt für die Klasse 25 eingetragene Wortmarke Nr. 30449653.7 „Last Minute“ sei identisch mit dem streitgegenständlichen Domainnamen „lastminute.eu“.

Der Beschwerdegegner habe kein eigenes Recht an dem Domainnamen „lastminute.eu“, da es sich bei der für den Beschwerdegegner eingetragene Marke „last minute“ um eine bösgläubige Markenregistrierung handle, aus der dieser keine Rechte an dem streitgegenständlichen Domainnamen im Sinne des Art. 21 Abs. 1 (a) der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 ableiten könne und die kein Recht zur Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens während der Phase der gestaffelten Registrierung begründet habe. Der Domaininhaber missbrauche eine Lücke des Verfahrens der gestaffelten Registrierung, die inzwischen auch Gegenstand öffentlicher Kritik sei. Diese Lücke im Sunrise-Verfahren widerspreche den Zwecken der Verordnungen (EG) Nr. 874/2004.

Der Domaininhaber führt dazu aus:

Die Beschwerdeführerin habe kein besseres Recht an dem streitgegenständlichen Domainnamen „lastminute.eu“. Sämtliche von der Beschwerdeführerin angeführten Umstände zur Diskreditierung des Beschwerdegegners wären falsch und frei erfunden. Der Beschwerdegegner sei Inhaber der deutschen Marke „last minute“ und verwende diese Marke für die eingetragenen Waren- und Dienstleistungen. Da die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs gegen die Marke abgelaufen sei, müsse vom Bestand der Marke ausgegangen werden. Die für die Waren „Bekleidungsstücke“ in Klasse 25 eingetragene Marke der Beschwerdeführerin und die in Klasse 2 für „Farben und Lacke“ eingetragene Marke des Beschwerdegegners seien nicht verwechslungsfähig. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zu einer angeblichen „Nichtigkeit“ der Marke des Beschwerdegegners seien daher weder nachvollziehbar noch rechtlich relevant. Die Bezeichnung „last minute“ würde in der Bundesrepublik Deutschland als Markenbezeichnung für eine Vielzahl von unterschiedlichen Produkten von einer Vielzahl von Unternehmen markenmäßig genutzt. Derzeit wären 41 Marken mit dem Bestandteil „last minute“ beim Deutsche Patent- und Markenamt angemeldet. Ein von der Beschwerdeführerin behauptetes Alleinstellungsrecht hinsichtlich der Bezeichnung „last minute“ bestehe daher nachweislich nicht.

Nach den Sunriseregelungen komme es überdies nicht auf die Markennutzung an. Antragsberechtigt seien alle Inhaber früherer Rechte gewesen, zu denen auch nationale Marken gehörten. Unbestreitbar hätten beide Parteien des ADR-Verfahrens rechtsgültige nationale Marken, die nicht verwechslungsfähig seien. Der Beschwerdegegner verweist auf die Entscheidung des LG Düsseldorf, Az. 14c O 226/05 vom 7.3.2006, mit der der der Antrag der Beschwerdeführerin, im Wege der einstweiligen Verfügung die Rücknahme des Antrags auf Registrierung des Domainnamens „lastminute.eu“ während der Phase der gestaffelten Registrierung anzuordnen, zurückgewiesen wurde.

Das mit Thomas Johann Hoeren, Torsten Bettinger und Marcus Essl hochkarätig besetzte Schiedsgericht urteilte:

II. Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen

Die Gewährung eines Anspruchs auf Übertragung des Domainnamens setzt gemäß Art. 21 Abs. 1 (a) der Verordnung Nr. (EG) 874/2004 weiterhin voraus, dass sich der Domaininhaber auf keine Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen berufen kann.

Der Beschwerdegegner ist ausweislich des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Auszuges aus der Datenbank des Deutschen Patent- und Markenamts Inhaber der beim Deutschen Patent- und Markenamt am 29.09.2005 in Warenklasse 2 für „Farben, Firnisse und Lacke für gewerbliche Zwecke, Handwerk und Künste“ eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 30542417 „last minute“. Er macht geltend, dass ihm aufgrund der Registrierungen der Marke ein Recht an dem streitgegenständlichen Domainnamen zustehe.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass der Beschwerdegegner die vorgenannte Marke ohne Benutzungswillen und ausschließlich mit der Zielsetzung registriert habe, sich auf unlautere Weise den streitgegenständlichen Domainnamen während der Phase der gestaffelten Registrierung zu verschaffen. Sie macht geltend, dass der Beschwerdegegner daher aus dieser Marke kein Recht im Sinne des At. 21 der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 an dem streitgegenständlichen Domainnamen „lastminute.eu“ ableiten könne.

Das Schiedsgericht vertritt die Auffassung, dass der Vorwurf des bösgläubigen Erwerbs oder Verwendung einer Marke eine vom Schiedsgericht zu beachtende Einwendung gegen die Behauptung eines bestehenden Rechts an dem streitgegenständlichen Domainnamen darstellen kann. Im Hinblick auf das absolute Schutzhindernis der bösgläubigen Markenanmeldung im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG kommt der Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes über die Eintragung der Marke keine Bindungswirkung zu. Wie der Verletzungsrichter im Verfahren vor den staatlichen Gerichten ist daher auch das Schiedsgericht an den Bestand der Markeneintragung nicht gebunden, wenn ausreichende Nachweise vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Marke des Beschwerdegegners bösgläubig erworben wurde und folglich die Berufung auf das erworbene Zeichenrecht die unlautere Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung gegenüber dem Beschwerdeführer darstellt. Dies entspricht der Rechtslage vor den staatlichen Gerichten und der Entscheidungspraxis der Beschwerdepanel in den außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren gemäß der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy, die ein Bindungswirkung der Entscheidungen der Markenämter nur hinsichtlich der Frage der bestehenden Unterscheidungskraft eines Zeichens, nicht aber hinsichtlich der Frage der Bösgläubigkeit einer Markenanmeldung annehmen (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.11.2000, I ZR 93/98 – ClasseE; Madonna Ciccone, p/k/a Madonna v. Dan Parisi and “Madonna.com”, WIPO Case No. D2000-0847 – madonna.com).

Der vorliegende Sachverhalt rechtfertigt die Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung allerdings nicht. Selbst wenn man annimmt, dass es an einem tatsächlichen Willen der Benutzung der Marke „last minute“ durch den Beschwerdegegner fehlt und er das Zeichen „last minute“ hauptsächlich mit der Zielsetzung als Marke registriert hat, sich die Möglichkeit der bevorrechtigten Registrierung des Zeichen während der Phase der gestaffelten Registrierung zu verschaffen, folgt daraus noch nicht die Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung. Vielmehr kann sich der Beschwerdegegner nach Ansicht des Schiedsgerichts nur dann nicht auf eine Markenregistrierung berufen, wenn weitere Unlauterkeitselemente vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Marke zur unlauteren Behinderung der Benutzung der Marke der Beschwerdeführerin registriert wurde.

Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Behinderung der Benutzung der Marke der Beschwerdeführerin das wesentliche Motiv der Markenanmeldung darstellt, da die Schutzbereiche der Marken keine Überschneidungen aufweisen und folglich die Registrierung der Marke des Beschwerdegegners keine Verhinderung oder auch nur Erschwerung der Benutzung der Marke der Beschwerdeführerin zur Folge hat. Das Schiedgericht kommt daher zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdegegner ein Recht an dem streitgegenständlichen Domainnamen geltend machen kann.

Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, dass der Beschwerdegegner die Marke „last minute“ ohne Benutzungswillen und ausschließlich mit der Zielsetzung registriert habe, um sich ein Recht zur bevorrechtigten Registrierung des streitgegenständlichen Domainnamens unter Verstoß gegen die Verordnungen (EG) Nr. 733/2002 und Nr. 874/2004 zu erschleichen, ist nicht Gegenstand der vorliegenden Entscheidung.

Die Beschwerde wurde abgewiesen.

(Fall Nr.: 00283)

One thought on “lastminute.eu – ADR Verfahren zur bösgläubigen Markenregistrierung”

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *