BGH: Streit um Kennzeichen mit dem Bestandteil “VOLKS”

Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Frage des Schutzumfangs einer berühmten Marke entschieden.

Die Klägerin, die Volkswagen AG, ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke “VOLKSWAGEN”, die für Fahrzeuge sowie deren Reparatur und Fahrzeugteile eingetragen ist.

Die Beklagten sind eine zum Springer-Konzern gehörige Gesellschaft, die den Internetauftritt der BILD-Zeitung betreibt (Beklagte zu 1), und die A.T.U. Auto-Teile-Unger Handels GmbH & Co. KG, die über ein Filialnetz markenunabhängiger Kraftfahrzeugwerkstätten verfügt (Beklagte zu 2).

Die Beklagte zu 1 veranstaltet seit 2002 mit Kooperationspartnern Aktionen, bei denen Fahrzeuge und Dienstleistungen mit dem Bestandteil “Volks” und einem Zusatz vertrieben werden (etwa Volks-Spartarif, Volks-Farbe, Volks-DSL). Im Jahr 2009 führten die Beklagten zwei Aktionen durch, in denen die Beklagte zu 2 Inspektionsleistungen für Kraftfahrzeuge unter der Bezeichnung “Volks-Inspektion” erbrachte und Reifen unter der Angabe “Volks-Reifen” anbot. In der Werbung wurde die Beklagte zu 2 als “Volks-Werkstatt” bezeichnet.

Die Klägerin hat die Beklagten wegen Verletzung der Rechte an ihrer bekannten Marke “VOLKSWAGEN” in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagten zur Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Anders als das Oberlandesgericht hat der Bundesgerichtshof nicht ausgeschlossen, dass die Zeichen “Volks-Inspektion”, “Volks-Reifen” und “Volks-Werkstatt” die bekannte Marke der Klägerin verletzen. Bekannte oder sogar berühmte Marken verfügen über einen weiten Schutzbereich. Dies hat zur Folge, dass bei der Verwendung anderer Zeichen ein weiter Abstand zu der bekannten Marke eingehalten werden muss. Eine Verletzung der bekannten Marke liegt bereits vor, wenn das Publikum aufgrund der Verwendung der Zeichen “Volks-Inspektion”, “Volks-Reifen” und “Volks-Werkstatt” durch die Beklagten von wirtschaftlichen oder organisatorischen Verbindungen zur Klägerin ausgeht oder wenn diese Zeichenbenutzung die Unterscheidungskraft der bekannten Marke “VOLKSWAGEN” beeinträchtigt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hat das Oberlandesgericht diesem weiten Schutzbereich bekannter Marken nicht ausreichend Rechnung getragen. Der Bundesgerichtshof hat die Sache deshalb zurückverwiesen, damit die zu einer Markenverletzung erforderlichen Feststellungen getroffen werden.

Urteil vom 11. April 2013 – I ZR 214/11 – VOLKSWAGEN

OLG München – Urteil vom 20. Oktober 2011 – 29 U 1499/11

(GRUR-RR 2011, 449 = WRP 2012, 354)

LG München I – Urteil vom 22. Februar 2011 – 33 O 5562/10

Quelle: Pressemitteilung Bundesgerichtshof

4 thoughts on “BGH: Streit um Kennzeichen mit dem Bestandteil “VOLKS””

  1. Ich erinnere mich noch daran, dass mein Vater uns von seinem Porsche 911, also seinem Volks-Porsche erzählte. Den Namen hat er aber sicher nicht erdacht, sondern war er eher dem Volksmund (!) Entnommen.

    Außerdem sehe ich ein visuelles Unterscheidungsmerkmal: die Auto-Marke Volkswagen ist in einem Wort geschrieben (orthographisch richtig, es handelt sich um ein Fugen-S; danke an die Herren Jauch und Sick), die Bild-Marken weisen aber einen Trennstrich bzw. -punkt auf.
    Und dann gibt es ja noch ein Stichwort aus dem Corporate Design: die Farbe.

    Aber bestimmt übernimmt Volkswagen demnächst auch noch die Worte Volksfest, Volksgarten und wenn sie ganz gut drauf sind Volkes Stimme.
    Hab’ ich noch irgendwas vergessen…?

  2. … ach ja, und die Volkspartei wär’ auch noch im “Angebot“ (oder doch eher Aufgebot?)

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